7te Kriegesschule Zeilitzheim
Kriegsspiel Leipzig 1813
vom 3ten Novembris 1812
Die General-Idee
Der Rückzug der französischen Armee in Leipzig sollte in vereinfachter Form gespielt werden; es sollte also nicht die gesamte Bataille in allen Details
nachgestellt werden, die Situation glich also dem südlichen Feld am 2. Tag der Schlacht.
Die Partei A (blau) wird den Preußen und Russen zugewiesen, die Partei B (rot) den Franzosen und deren Alliierten.
Die Spezial-Idee oder das Szenario
Teile des französischen II. Armeekorps konzentrieren sich bei Leipzig, welches mit den Elsterübergängen solange zu halten ist, bis das geschlagene Corps
Bertrand übergegangen ist und beide Corps die Chaussee nach Merseburg bei Lindenau gewonnen haben. Die Avantgarde der von Süden heranrückenden Preußen soll dies verhindern oder verzögern.
Die Absichten des Schiedsrichters
Wie im letzten Kriegsspiel soll die Kooperation auf Brigade/Divisionsebene in den Stäben eingeübt werden, zusätzlich aber:
- Genaue Terrainkenntnis des südlichen Schlachtfeldes
- Unterordnung der taktischen Erwägungen unter das gesamte Ziel.
Das südliche Schlachtfeld zerfällt in drei Teile, nämlich: das westliche Hochufer der (weißen) Elster, welches für alle Truppengattung gut gangbar ist. Im
nördlichen Teil verläuft die große Chaussee von Leipzig nach Merseburg. Der mittlere Teil trennt die Auenlandschaft der Elster und Pleiße vom östlichen Hochufer ab. Zwischen beiden Flüssen liegt im Süden wiederum
ein gangbares Plateau. Die Auenlandschaft ist stark coupiert, von Marschen und Bächen durchsetzt, und ist nur auf den Wegen oder Steigen für leichte Truppen praktikabel, für Artillerie und Train aber nicht. Im
Norden liegt Leipzig mit der einzigen Elsterbrücke, wo sich auf dem rechten Ufer auch die Chaussen von Magdeburg, Eilenburg, Wittenberg und Borna vereinigen. Die von Ost nach West verlaufende Parthe bietet dem
Verteidiger auch einen starken Rückhalt gegen einen Angreifer aus Süden.
Im Terrain südlich der Parte erlauben die sanften Höhenzüge, Geländefalten und Dörfer dem geschickten Verteidiger viele verdeckte Positionen gegen einen
Angreifer aus Süden.
Kartenwerk
Die 4 sächsischen Meilenblätter von ca. 1800-1810 wurden auf einen Maßstab von ca. 1:8000 gebracht und nahmen eine Fläche von ca. 2 x 2 Meter ein.
Die Disposition
Jede Partei erhielt ein Armeecorps mit vorgegebener Ordre de Bataille (französischer und preußischer Schlachtplan) der Brigaden und den Armeebefehl des
Hauptquartiers. Herr Mjaro instruierten in eigener Person die Abfassung von Dispositionen nach Decker.
Rückgehende Franzosenpartei
(Partei B, rot) mit II. Corps und dem schwachen Corps Bertrand: Französcher Armeebefehl fordert den Rückzug auf Merseburg und die Zerstörung aller Elsterübergänge. Siehe Armeebefehl, Ordre de Bataille
Angreifende Preußenpartei
(Partei A, blau, Avantgarde der pr. Hauptarmee und Corps Sacken): Auftrag ist, den Übergang bei Leipzig möglichst zu verhindern, wenigstens aber zu behindern. Die Chaussee nach Merseburg ist aufzuklären. Siehe Armeebefehl, Schlachtordnung.
Die Regeln
Sind die nämlichen wie in den vorigen Jahren, nämlich eine vereinfachte Fassung auf Bataillonsebene.
Die Parteien
Herr Major v. Reiche vom Generalstabe übernahmen die Rolle des Vertrauten bzw. Schiedsrichters und Capitain Schäfer vom Großherzogl.-hess. Generalstab als
assistierender Schiedsrichter das Protokoll und die Verlustlisten.
Die Partei der Preußen stellten Oberst v. Loriol als Befehlshaber sowie Major von der Armee Schluppkothen sowie die Herren Rittmeister Burow und Wehrlin.
Die Franzosenpartei wurde gebildet mit Colonel Chasseur als oberstem Befehlshaber, dann die übrigen Herren Capitaine Schmidt, Rittmeister Matejka, Capitaine
Schäfer etc.
Die Vorbereitung
Herr Major v. Reiche übergaben am Freitagmorgen 9 Uhr den beiden Oberkommandierenden je einen Umschlag mit Instruktionen, enthaltend den Armeebefehl und die
Ordre de Bataille. Aus dem Armeebefehl gehen Lage, Stärke sowie Haupt- und Nebenauftrag des Hauptquartiers hervor, die jedoch nur dessen Einschätzung widergeben. Die äußerste französische Vorpostenlinie, die beiden
Parteien bekannt war, wurde durch Nadeln markiert. Die alliierte Kavallerie ist etwa 1:2 überlegen.
Der Schiedsrichter forderte die Herren Oberkommandieren auf, ihm bis 10 ½ Uhr die ausgearbeitete Ordre de Bataille sowie die schriftlichen Dispositionen
einzureichen.
Das Spiel
Als Spielzeit wurde Samstag, der 18. Oktober, von 11 ½ Uhr morgens bis 17 Uhr abends festgesetzt. Die Parteien nahmen folgende Positionen ein:
Franzosenpartei: Aufstellung der Vorposten auf der Linie Connewitz – Stötteritz – Parthefluß. Von Wartenburg wird der Vortrab des
schwachen Corps Bertrand gegen Mittag erwartet. Reserven wurden in die Leipziger Vorstädte und dem letzten Höhenzug verteilt, die erst in der letzten Phase sichtbar wurden.
Anrückende Preußenpartei: Debouchiert bei Liebertwolkwitz von der Chaussee Borna-Leipzig gegen Leipzig und entsendet ein Detachement gegen die
Elster. Das Corps Sacken wird am frühen Nachmittag eintreffen und auf dem rechten Flügel gegen die Parthe vorgehen.
Phase I
zwischen 11 ½ Uhr und 1 Uhr: Die Elsterbrücken werden abgebrochen, bis auf einen Steg, über den gegen 1 Uhr 6 Eskadronen pr. Husaren und Dragoner übergehen und die Kommunikation nach Merseburg unterbrechen. Vorpostengefechte bei Probstheyda. Entfaltung der preußischen Brigaden auf dem rechten und linken Flügel.
Phase II
ab 2 Uhr nachmittags: Entfaltung der pr. Schlachtlinie zwischen Cröbern/Markkleeberg, Probstheyda und Zweynaundorf. Hinhaltende Verteidigung auf den Höhenzügen, die noch die Sicht auf Leipzig verwehren. Corps Bertrand rückt hinter der Parthe nach Leipzig ein. Corps Sacken geht gegen die rechte Flanke vor, kann aber erst nach 2 Stunden eingreifen.
Phase III ab 16 Uhr: Das Corps Bertrand passiert durch Leipzig nach Lindenau und nimmt dort Aufstellung gegen die beobachtende Kavallerie. Das Corps
Sacken kann endlich am rechten Flügel eingreifen, dessen Artillerie erleidet aber empfindliche Verluste an der Parthe gegen eine zwölfpfündige Batterie. Zum Feuergefecht kommt es aber nicht mehr. Am linken Flügel
verzögert sich der Angriff der preußischen Kolonnen auf die Vorstädte, da deren Brigadier zeitweilig indisponiert ist.
Der Vertraute bricht das Spiel um 6 Uhr abends ab.
Ergebnis und Bewertung
Der Franzosenpartei gelang der Übergang des Corps Bertrand; am nachfolgenden Tage dürfte es aber beim Generalangriff zu erheblichen Verlusten kommen. Die
hinhaltende Verteidigung des südlichen Vorfeldes wurde unter Ausnutzung des welligen Terrains geschickt geführt.
Der Preußenpartei hingegen gelang es nicht, den Übergang zu behindern. Ursachen sind das zu spät eintreffende Corps Sacken, teils aber auch das wenig
energische Nachdrücken auf der linken Flanke. Der Nebenauftrag Aufklärung der Chaussee nach Merseburg wurde dagegen erfüllt. Die Aufklärung mit Kavallerieposten auf der rechten Flanke wurde wenig energisch
betrieben, so daß das Bertrandsche Corps gar nicht entdeckt wurde.
Beobachtungen & Empfehlungen
Terrain: Der Herr Schiedsrichter kann den Klagen, daß die Karte nicht gut lesbar gewesen seien und stattdessen durch einfachere Nachzeichnungen zu
ersetzen wären, nicht stattgeben, denn diese Karten wurden von der franz. Seite verwendet, außerdem sich die Herren im Umgang mit diesen Karten üben müssen. Eine Vergröberung der Karte auf Hexagons scheint ihm
unangemessen. Die Schraffenmanier erfordert zwar in der Tat einige Erfahrung bei der Interpretation der Höhen und Senken, die man nur durch die stete Übung erlangen kann. Deshalb wurde aber vom Herrn Major am
Freitagmorgen das Lesen der Karte instruiert.
Der aufklärende Vorpostendienst
der Kavallerie wurde von den Angreifern sträflich vernachlässigt, so daß die franz. Positionen immer zu spät entdeckt wurden, das Corps Bertrand gar nicht, obwohl bekannt war, daß dies aus Wartenburg heranrückte. Die rechte Flankendeckung wurde dem zu spät herangerückten Corps Sacken überlassen, was bei einem Gegenangriff riskant gewesen wäre.
Pr. Kavallerie
wurde vereinzelt, nicht im Verbund mit Artillerie und Infanterie eingesetzt, und konnte deshalb keine durchbrechende Erfolge erzielen. Die Überlegenheit konnte wenig genutzt werden, da die Hälfte der Kavallerie zur Beobachtung der Chaussee nach Merseburg abgegeben wurde. Es muß allerdings offenbleiben, ob für diesen Nebenauftrag auch halb so viele Eskadronen ausgereicht hätten.
Reitende Artillerie
wurde von beiden Parteien wieder einmal als Positionsartillerie verwendet, anstatt sie der Avantgarde oder Reserve-Kavallerie beizugeben und ihren Einsatz nur den kritischen Phasen vorzubehalten. Reitende Artillerie ist zu wertvoll und geht niemals ein Artillerieduell mit der Fußartillerie ein.
Artillerieposition: Die frz. Aufstellung in der Senke bei Strassenhäuser war ausgesprochen unschicklich und schränkte die Wirkung stark ein. Die
Artillerie fühlt sich auf sanft ansteigenden Hügeln heimisch.
Angreifende pr. Artillerie
sollte immer zusammen mit der sie deckenden Infanterie oder Kavallerie bis auf Kartätschenschußweite vorgehen, weil für gewöhnlich der Bogenschuß eine weitaus geringere Wirkung hat. Durch Ungeschicklichkeit des Brigadiers ging eine Munitionskolonne bei der französischen Kürassierattacke verloren, so daß sich die verbliebene Halbbatterie in der III. Phase verschossen hatte.
Verteidigung der Leipziger Vorstädte: wurde geschickt geführt. Die sächs. Bataillone wurden zweckmäßig verteilt, so daß eine Emeute oder Überlaufen
nicht möglich schienen.
Lindenau: die neue starke Aufstellung hätte am nächsten Tag die Kommunikationslinie nach Merseburg wiederhergestellt.
Taktik der zwei Treffen und Angriffs-Kolonnen: Das Avancieren en échiquier wollte sich zum Beispiel gar nicht praktizieren lassen, stattdessen schien
die Linie über Phase I und II hinweg das einzige Avancement der Angreifer zu sein, wo doch Kolonnen angemessen gewesen wären.
Pr. Pioniere: Es wäre vorausschauender gewesen, eine Kompanie Pioniere der Kavallerie an das Elsterufer nachzusenden, um die abgebrochenen Übergänge
wiederherzustellen. Dies war jedoch wegen eines übersehenen Stegs (Kerka porta Effekt) glücklicherweise nicht notwendig, so daß diese Kompanie in Leipzig hätte eingesetzt werden können.
Allgemein möchte der Herr Schiedsrichter, schon wie letztes Jahr, allen Officiers immer noch auf das Allerlebhafteste rekommandieren, endlich aus dem
Schatten ihrer eigenen Truppengattung herauszutreten, denn ein Generalstabsoffizier wird nur dann wahrhaft nützlich sein, wenn er keine Gattung bevorzugt und alle zu verwenden weiß.
Verbesserungen des Spieles
Der Herr Schiedsrichter
bedarf - wie letztes Jahr - bei künftigen Spielen dieses Umfangs weiterer Assistenten, um dem Spiel einen flüssigeren Gang zu geben und um Regelverstöße abzuwehren.
Minerva versus Fortuna: Wenn eine Partei bedeutendes Übergewicht erlangt hat, dann wird künftig nicht mehr gewürfelt, sondern vom Schiedsrichter wird auf
Vernichtung, Rückzug etc. entschieden.
Wenn die taktischen Aufgaben erreicht sind, so ist das Spiel abzubrechen, spätestens aber nach vier Stunden.
Soweit die unmaßgebliche Meinung des Herrn Schiedsrichters, der zu einem gerechten Urteil finden möchte.
Quellen:
Reiswitz siehe vorige Kriegsspiele
(c) Photos: Henrik Schaper, Christian Vogel, Robert Schlenker, Klaus Schäfer, Martin Klöffler
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