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 Donnerstag, 9. Oktober 2014

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Aufgabe

Unser Geometer H. Knufinke erkundet im Mai 1811 offiziell die Küsten für die Landesaufnahme als vom schwedischen Generalgouverneur bestallter Geometer, inoffiziell sollen allerdings die Landungsstellen für eine nicht genannte Seemacht ausgespäht werden.

Lösung

Geometer Knufinke beschaffte sich die neueste Seekarte von Rügen, auf der Fahrrinnen und Landungsstellen eingetragen werden sollten. Von den Häfen und Küstenstädten sind unauffällig Krokis anzufertigen, ohne das Mißtrauen der allgegenwärtigen Kundschafter zu erregen.  Ein Pouvoir des schwed. Generalgouverneurs Henrik v. Essen dient als Nachweis der offiziellen Mission.

Er benötigte also ein waches Auge, Geschick im Umgang mit der mißtrauischen Mannschaft, den Hafenmeistern und natürlich:

Ergebnis

Aus dem vertraulichen Journal über die “Erkundung im Greifswalder Bodden den 13ten bis 15 Majus 1811 an Bord der Hanne-Marie”

Greifswald, den 13ten: Am Tag zuvor aus Stralsund vom Herrn Generalgouverneur. Morgens unauffällig für die Seereise gekleidet. Den Capitain aufgesucht, mit ihm um 10 Uhr im Hafen von Greifswald an Bord gegangen, dort die Mannschaft unter Obermaat Ole Olsen vergattert, ebenso den Kalfaktor Stumphusen, insgesamt 7 Mann. Meine Mission sei die Erkundung trigonometrischer Punkte an der Küste vor Wolgast und im Greifswalder Bodden. Das Pouvoir bzw. die offene Ordre des Herrn Generalgouverneurs v. Essen präsentiert, welches tiefen Eindruck auf die schreibunkundigen Seeleute gemacht. Das Schiff die Ryck hinunter gestakt, an der Mündung bei Wieck die Segel gesetzet und Kurs auf die Rinne im Bodden genommen. Raumer westlicher Wind, leichte Schaumkronen auf den Wellen, gute Fahrt. Klares Wetter, welches dem Krokieren günstig ist. Hafen und den Fluß aufgenommen.

Drei Uhr nachmittags vor der Einfahrt zum Usedomer Sund. Dort einige Positionen der Rinne mit dem Spiegelkreis aufgenommen und in die Karte übertragen. Meeresstille und Glückliche Fahrt.

Viertel vor Vier: Einfahrt in den Sund, beim Halsen vor Peenemünde das Großsegel zerrissen. Hafen von Peenemünde krokiert. Langsame Fahrt mit Klüver, Schot und Besan, es wurde viel gestaakt, Mannschaft ermüdet. Sechs Uhr, Landseitig (Backbord) ungefähr eine Meile vor Wolgast eine ca. ½ Meilen breite, trockene Landungsstelle, welche wohl ehemals durch zwei Batterien gedeckt wurde. Bedaure, keinen mit den Lokalitäten vertrauten Offizier an Bord zu haben. Die Herren gebärden sich aber immer auffällig, was meine Mission gefährden könnte.

Halb sieben: Hanne-Marie legt am Schloß an. Gehe an Land und mache mich mit dem Hafenmeister bekannt. Jetzt liegt eine schwedische Kompagnie im Schloß. Kein Segelmacher in diesem Hafen. Den Sund aus dem Gedächtnis krokiert. Wolgast sicherer Hafen, gegen Überfälle geschützt und für eine Landungspartie nur durch die Passage des Sundes zu erreichen.

Wolgast, den 14ten: Ablegen morgens um acht Uhr bei Windstille, es wird viel gestaakt. Der Capitain sagt, auf dem offenen Meer gehe eine Brise, welches er an den Seevögeln erkenne. Am ungefähr zwei Meilen entfernten Kröslin angelegt, um das Segel flicken zu lassen. Mannschaft guter Dinge. Bei Kröslin öde, verschilfte Gegend, keine Landungsstelle. Zum Zeitvertreib das Schiff am Quai gezeichnet. Die Insel Usedom ist immer durch einen breiten Sund vom Festland getrennt, empfiehlt sich also nicht für eine Landung.

Zwei Uhr nachmittags abgelegt und die Segel gesetzt. Beym Auspassieren aus dem Sund bei Peenemünde Kurs auf Lauterbach genommen. Weitere Positionen aufgenommen und übertragen. Rinne laut Lotung zwei Faden tief. Leichte Brise, Vollzeug Richtung Nordwest gesetzt. Leichter Ostwind. Beim Kurswechsel auf Lauterbach mehrere Positionen von der Halbinsel Mönchgut genommen, welche an der Südküste mehrentheils felsig, sich also für Landungsparteien empfiehlt. Die sehr seichte westliche Bucht dagegen schon.

Fünf Uhr nachmittags: Auf der Höhe zwischen Zieten und Rudewitz überfiel uns ein Sturm, Wind drehte von Ost nach West, frischte immer mehr auf: erst leichte, dann starke Schaumkronen. Der Capitain ließ Besan und Klüver bergen, am Großsegel Reffs anschlagen. Mußte meinen Beobachtungen ein Ende setzen und brachte Instrument unter Deck. Der Capitain hieß uns, alles im Cabinette festzumachen. Die 6‘ hohe Wellen schlugen bereits auf Deck und ich klammerte mich, unfähig einer Bewegung, an der Reling fest. Nach wenigen Minuten schlugen die Wellen über unserem Schiff zusammen, zog mich naß bis auf den Leib in das Cabinette zurück, wo der Magen die Regie übenahm.

Der Hafen von Lauterbach war nun nicht mehr zu erreichen, da die Hanne-Marie nicht so hoch an den Wind gehen kann, weshalb der Capitain die Mole von Wieck zum Ziele nahm. Der Capitain führte die Hanne-Marie durch die tobendenden Elemente nach drey Stunden dorthin. Die Mannschaft im Ölzeug wohlauf. Erholte mich rasch und erkundete das Dorf. Der Wind flaute ab und schlief endlich ein.

Abends in Wieck: Die Betonnung ist nach dem letzten Frieden wieder überall gesetzet, jedoch lotet der erfahrene Lotse immer ungefähr eine ½ Seemeile vom Ufer des seichten Boddenmeeres. Die Hanne-Marie kann sich bis 1 ½  Faden dem Ufer nähern. Boote mit weniger als ½ Faden können sich dem Ufer immer ganz nähern. Die Untiefen an den Mündungen, von den Einheimischen Wieck genannt, sind sumpficht und immer mit Schilf bewachsen, dahero sie bey Gefrörnis im Winter sicher angelandet werden können. Der Thissauer Grat zwischen Mönchgut und Usedom ist nur zwei Faden tief, kann daher nur von flachgehenden Küstenseglern wie der Hanne-Marie passiert werden. Die Rinne vom Thissauer Grat nach Stralsund ist eine Schiffslänge breit – für die Passage braucht es einen kundigen Lotsen. Der Greifwalder Bodden ist also gegen ein Landungsunternehmen einer fremden Macht gut gedeckt.

Kein Gasthaus in Wieck. Abends daher ruhig an Bord, den Geschichten der Seeleute gelauscht.

Wieck, den 15ten: Bis gegen morgen die Leibwäsche getrocknet. Proviant und Wasser an Bord genommen. Gegen zehn Uhr von der Mole zur Mündung gestaakt, die Segel gesetzt. Widriger frischer Wind von Nord bis Nordwest, gegen den der Capitain vergeblich anzukreuzen suchte. Deshalb gegen Mittag Rückkehr nach Greifswald, dort den Capitain ausbezahlt und von Bord gegangen, um mit der Ordinaria nachmittags gegen Stralsund abzugehen.

Meine offene Ordre sehr commod, da sie den Reisepaß ersetzt und Recht auf Vorspann gibt. Beabsichtige, die Insel Rügen von der Landseite zu erkunden, bis günstigere Winde wieder die Schiffsreise ermöglichen.

Greifswald, de dato 15ten Majus  1811

Johannes Knufinke, bestallter Geometer in Schwedisch-Pommern

(c) Photo Autor

Offene Ordre Vorderseite

Offene Ordre Vorderseite

Offene Ordre Rückseite

Offene Ordre Rückseite

Gaffelketsch Hanne-Marie

Gaffelketsch Hanne-Marie

Handwerkzeug des Geometers

Handwerkzeug des Geometers

Anschlagen

Anschlagen

Kalfaktor Stumphusen

Kalfaktor Stumphusen

Beim Setzen

Beim Setzen

Vorbereitung

Vorbereitung

Schwedische Infanterie

Schwedische Infanterie

Steuermaat

Steuermaat

Fauler Seemann

Fauler Seemann

Großmast

Großmast

Bullauge

Bullauge

Blick vom geöffneten Oberlicht

Blick vom geöffneten Oberlicht

Heißen

Heißen

Augeschossener Tampen

Augeschossener Tampen

Klappbrücke

Klappbrücke

Unter Deck

Unter Deck

Journal des Hannes Knufinke

Journal des Hannes Knufinke

Zeichnung

Zeichnung