Aufgabe
Auf der Überfahrt von Marstal auf der dänische Insel Ærø nach Cappeln an der Schlei soll die geographische Breite an Bord der Willow Wren vermessen werden, um die Verlässlichkeit des Oktanten auf See zu überprüfen.
Lösung
Mit Hilfe des Hadley-Oktanten
sollen der Höhenwinkel am 7ten Tag des Herbstmonats 1807 zur Mittagszeit genommen werden, wo die Sonne den Kulminationspunkt erreicht. Die See war ruhig, und wir hatten einen Wind der Stärke zwei.. Das Schiff machte 1 1/2 bis 3 Knoten, also beste Voraussetzungen für eine Messung. Wir befanden uns zur Mittagszeit ca. 5 sm südlich von Marstal.
Benötigt werden also:
- Ein Oktant
- Astornomische Tabellen zur Deklination der Sonne
- Logbuch
- Bleistift
Der Indexfehler des Oktanten wird auf Null gebracht, in dem die Kimm anvisiert wird, und Kimm und ihr Spiegelbild über den kleinen Spiegel mittels einer
Mikrometerschraube zur Deckung gebracht werden.
Die Ortszeit ist nicht genau bekannt und wird auf ca. 12 Uhr und 30 Minuten des Chronometers geschätzt. Eine halbe Stunde vor und nach der gedachten
Kulmination werden die folgenden Höhenwinkel h zu verschiedenen Zeiten gemessen:
h: = 40°40’, 40°45’ und 40°30’
Der höchste Wert wird in folgenden verwendet: Zu beachten ist, daß höchstens eine Bogenminute genau auf dem Vernier abgelesen werden kann. Die beste
zu erwartende Genauigkeit wird daher eine Seemeile betragen.
Korrekturen und Beiträge werden nur dann in der folgenden Auswertung berücksichtigt, wenn ihr erwarteter Beitrag größer als die Genauigkeit des
Oktanten ist. So werden im folgenden die Refraktion (Lichtbrechnung) und Parallaxe zur Sonne (Reduktion auf das Zentrum) werden vernachlässigt.
Erstens: Die Deklination D der Sonne für den 7ten Septembris berücksichtigt die Neigung der Erdachse am 251.5 ten Tag des Kalenderjahres zu
Dieser Wert wird von h abgezogen
Zweitens: Wir visieren die Kimm von einem leicht erhöhten Standort von Deck, wir haben also einen etwas aufgeweiteten Winkel gegenüber dem scheinbaren
Horizont, der von dem Höhenwinkel h abgezogen werden muß. Da die Augenhöhe AH mit ca. 11,8 Fuß = 3,8m angenommen werden kann, erhalten wir für die Kimmtiefe:
Drittens: Wir haben nicht das Zentrum der Sonne anvisiert, sondern den unteren Rand der Sonnenscheibe über der Kimm. Daher ist der Sonnenradius r (genauer Öffnungswinkel) hinzuzählen
Die wahre Sonnenhöhe erhalten wir zu:
Die Polhöhe p ermitteln wir zu:
Ergebnis
Die Polhöhe beträgt:
Die aus den Karten entnommenen Breiten sind:
- Cappeln 54°39’47”
- Marstall 54°51’20”
- Aus der Karte geschätzter Schiffsort zum Zeitpunkt der Kulmination 54°46’
Die gemessene Breite liegt schätzungsweise ca. 4 Seemeilen zu weit südlich. Die ermittelte Genauigkeit liegt aber im Rahmen der Erwartung: Variieren wir die
Deklination D nur geringfügig, so erhalten wir sofort Abweichungen über 10 Seemeilen und mehr.
In der terrestrischen Navigation an der Küste wird man den Oktanten eher zum horizontalen Anpeilen von Landmarken verwenden, da die Genauigkeit des
Oktanten bei der Polhöhe nicht ausreichend ist.
(c) Photo Kersten Kircher und Autor
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