Aufgabe
Was tut ein Preuße im kurtrierschen Ausland, wenn er seine karge Kammer im Roscheider Hof mit einem Stich schmücken will? Bei Preußen kann es sich also nur
um Militair handeln, wie der geneigte Leser hier auf einem kleinen Kupfer sieht. Was also tun, wenn das originale Kupfer unbeschadet bleiben soll, also eine Copia gemachet werden soll?
Lösung: Der Storchschnabel
Ein Storchschnabel aus der Werkstatt Ribright & Son London von ca. 1780 schafft Abhilfe. Mit diesem Instrument ist es nämlich möglich, zu copieren, zu
verkleinern und zu vergrößern. Die sinnreiche Vorrichtung ist mit zwei längere Schenkeln konstruiert, die mit zwei kleineren Schenkeln über Scharniere verbunden sind. Die Engländer und Franzosen heißen den
Storchschnabel auch Pantograph.
Über eine Skala kann der Dessinateur das gewünschte Größenverhältnis 1/2, 1/3, 1/4 bis hinunter zu 1/10 einstellen. Das Lager kann entweder ein schweres
Bleigewicht sein, oder man steckt die Achse seitwärts oder in die Mitte eines genügend großen Zeichenbretts von mindestens 15”.
In die messingnen Hülsen steckt man das Lager, den Abtaster und die Bleymine wie folgt:
- Beim Reduzieren: Lager rechts außen, Abtaster für Vorlage links außen, verkleinerte Kopie mit Bley in der Mitte
- Beim Kopieren: Lager in der Mitte, Abtaster für Vorlage links außen, Kopie mit Bley rechts
- Beim Vergrößern: Lager rechts außen, vergrößerte Kopie mit Bley links außen, Abtaster für Vorlage in der Mitte.
Hierbei achtet der auf Sorgfalt bedachte Dessinateur darauf, daß alle drey Hülsen gehörig aligniert seyen, sonsten man ein schiefes Abbild erhält.
Besonders beim Vergrößern wird, wegen der doch oft sehr schwachen Linien ein Nachzeichnen dringend empfohlen, wie überhaupt die Kopie genauesten zu prüfen
ist, ob nichts übersehen sey. Die Striche der Schattierungen werden nach dem Vorbild des Stechers geführt. Bei Gefallen kann die Kopie noch illuminiert werden.
Ergebnis
Eine zwiefach vergrößerte Kopie des preußischen Mousquetier-Regiments, mit Bley gezeichnet.
(c) Photos: Martin Klöffler
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