Ingenieurgeograph

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 Freitag, 10. Oktober 2014

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Aufgabe

Wie kann die Genauigkeit einer Winkelmessung für die Triangulation auf die geforderte Genauigkeit von unter 20“ (Bogensekunden) gebracht werden, wenn die Ablesegenauigkeit mit dem Nonius (Vernier) des Winkelmessers bestenfalls 1’ (Bogenminute) beträgt?

Lösung

Ist die sog. Einfache Repetition, bei der durch wiederholte Winkelmessungen ein mechanischer Mittelwert gebildet wird. Das erste Repetitionsinstrument, die Recipiangel, wurde 1752 von Tobias Mayer in Göttingen für astronomische Messungen konstruiert.

Das Instrument muß hierzu folgende konstruktive Voraussetzungen erfüllen:

  • Einen Vollkreis von 360°
  • Zwei horizontale Kreise, die unabhängig mit dem Unterbau und dem Aufbau über Klemmen fixiert und fein adjustiert werden können.
  • Einen Vernier mit 15’ oder 10’ Bogenminuten, gepaart mit einer Ableselupe, ggf. sogar einem Mikroskop
  • Teleskop zum Anvisieren des Zielpunktes
  • Das Instrument

Der kleine Repetitions-Theodolit, signiert „Ul Schenck & Comp à Berne“, Baujahr ca. 1815, aus der Schule von Reichenbach, erfüllt diese Voraussetzungen. Er hat einen Limbus von 8,75 Zoll Durchmesser und ist somit für Triangulationen 2. und 3. Ordnung geeignet. Für Triangulationen erster Ordnung ist laut Reichenbach ein 12-zölliger Theodolit erforderlich um eine Genauigkeit von 3” Bogensekunden zu erreichen..

Der Schencksche Theodolit steht auf einem dreiarmigen Stativ mit 3 Höhenrichtschrauben, die mit der Libelle eine genaue Horizontierung auf einige Sekunden erlaubt. Der äußere und innere Vollkreis können unabhängig um die vertikale Achse gedreht werden, und von je zwei Klemmen fixiert werden. An diesen befindet sich eine Schraube ohne Ende, welche die Feinadjustierung erlaubt. Auf den inneren Kreis ist der Vertikalkreis mit dem Teleskop montiert, welches bis zu ca. 60° gehoben oder gesenkt werden kann. Beide konzentrischen Kreise enthalten eine Skala in Silber, da dieses leichter als Messing zu gravieren ist und beide Metalle nahezu die gleiche Wärmeausdehnung haben. Der Vernier ist auf 15’ (Bogeminuten) mit 15 Unterteilungen eingerichtet, erlaubt also die Ablesung auf 1’ genau.

Die leichte Bauweise macht den Theodoliten zum Recogniszieren auf Türmen und für das gebirgichte Land geeignet.

Das Instrument war von der Schenckschen Werkstatt in Bern für  400 Gulden zu erwerben.

Handhabung

  1. Das Dreibein wird über dem Meßpunkt aufgestellt und nach dem Augenmaß horizontiert
  2. Das Instrument wird über dem Meßpunkt mit dem Senkblei zentriert und mit Hilfe der Höhenschrauben und der Libelle fein horizontiert.
  3. Der äußere Kreis wird fixiert, der innere Kreis gelöst und auf den Winkel 0° eingestellt. Der innere Kreis wird fixiert, und sodann mit mittels der Schraube ohne Ende und der Ableselupe genau auf 0° gebracht.
  4. Man löst die äußere Klemme.
  5. Man mißt immer vom linken zum rechten Zielpunkt, um positive Winkeldifferenzen zu erhalten. Das Versicherungsteleskop wird auf den Zielpunkt ausgerichtet, das Zielteleskop über das Fadenkreuz ebenso.
  6. Die äußere Klemme wird festgestellt und der linke Zielpunkt genauestens mittels der Schraube ohne Ende eingestellt. Damit ist der Ausgangswinkel 0° genau auf den linken Zielpunkt festgelegt.
  7. Die Innere Klemme wird gelöst und das Zielteleskop auf den rechten Zielpunkt geschwenkt.
  8. Die innere Klemme wird festgestellt und der Zielpunkt mit der Mikrometerschraube (Schraube ohne Ende) genauestens anvisiert.
  9. Der erste Winkel, also die erste Repetition, wird abgelesen und im vorbereiteten Winkelregister in Grad und Bogenminuten notiert.
  10. Die äußere Klemme wird gelöst und das Teleskop wird auf den linken Zielpunkt zurückgeschwenkt.
  11. Die äußere Klemme wird festgeklemmt, und die Position mit dem Versicherungsteleskop nachkontrolliert.
  12. Der linke Zielpunkt über das Teleskop und die Mikrometerschraube genau eingestellt.
  13. Sodann wiederholt man die Messung wie unter 7. beschreiben, und erhält so eine Reihe von gemessenen Winkeln.
  14. Man beendet die Messung, wenn das Ergebnis „sekundenstabil“ ist, d.h. der Winkel, geteilt durch die Repetition,  in der Meßreihe sich auf einen Wert einpendelt, d.h.keine meßbare Differenz mehr zum Vorgänger aufweist, was in etwa nach 10 Repetitionen erreicht sein sollte.

Vorteil des Verfahrens

Hatte das Verfahren ursprünglich den Zweck, kleine Winkel durch Wiederholung auf ein größeres und damit genaueres Maß zu bringen, so eliminieren die Repetitionen  die Fehler in den Kreisteilungen des Instruments, die Achsenfehler, die Ablesefehler am Nonius und die ungenaue Visierung der Zielpunkte durch den Beobachter.

Nachteil des Verfahrens

Die Messung muß mit großer Konzentration absolviert werden. Wird nämlich eine Klemme falsch fixiert, so ist die ganze Repetition bis zu dem letzten gemessen Winkel unbrauchbar und muß wiederholt werden. Pro Horizontalwinkel sind ca. 30 bis 60 Minuten zu veranschlagen. Rechenfehler können sich einstellen, wenn z.B. man vergißt, die Vielfachen von 360° hinzuzuzählen.

Auswertung

Bei n Wiederholungen erhält man also den n-fachen Winkel im Mittel. Eigentlich ist es nicht notwendig, die einzelnen Repetitionen zu notieren, weil die letzte Messung genügt, jedoch empfiehlt es sich, die Repetitionen wie folgt zu kontrollieren. Man kann in der Reihe der gemessenen Winkel sehr gut die Konvergenz auf den Mittelwert beobachten, da die anfänglichen Abweichungen ein immer geringeres Gewicht erhalten. Ist dies nicht der Fall, so muß man den systematischen Fehler zu ergründen suchen und muß die Messung wiederholen.

Beispiel für den Winkel am Endpunkt (TP 5) der Basis, genommen zwischen dem hinteren Giebel H des Passauer Hofes und dem Zwischenpunkt TP 4 (Stationsfahne) südlich von Windsheim am 24. Julius 1815 bei 38° Celsius, siehe Croquis und Orientierungsspinne.

Repition No.

Winkel Grad

Winkel Minuten

Winkel Grad, dezimal, geteilt durch Repetition

1

45°

4,0 '

45,07 °

2

90°

8,0 '

45,065 °

3

135°

12,0 '

45,067 °

4

180°

20,0 '

45,083 °

5

225°

25,0 '

45,084 °

6

270°

21,0 '

45,058 °

Mittelwert

 

 

45,071° = 45° 4,2’

Standardabweichung in Bogensekunden

 

 

37,23 ''

Ergebnis

Ein gemessener Winkel von 45,071° mit einem Fehler von 37“ Bogensekunden.

Diskussion

Die angestrebte Genauigkeit von 20“ Bogensekunden wurde um den Faktor 2 verfehlt, könnte aber durch weitere Repetitionen erreicht werden. Der Hauptfehler dürfte wohl von der nicht einfachen Ablesung des Nonius, desweiteren von dem teilweise nachschleifenden Bewegung des inneren Kreises und dem nicht ganz erschütterungsfreien Dreibein stammen. Auch die ermüdende Hitze von 38° Celsius dürfte einen Effekt auf den Beobachter gehabt haben.

Anzumerken ist, daß die Gauß’sche Methode der kleinsten Quadrate erst ca. 1808 veröffentlicht wurde, und daß folglich die Anwendung in der Geodäsie wohl frühestens dann nachweisbar sein dürfte.

 

Zielpunkt H

Orientierungsspinne

Theodolit

Theodolit

Senkblei

Winkel 0°

1. Repetition

Meßgehilfe

Einstellen

Ablesen

Ingenieuroffizier